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Verkehrserziehung von Kindern statt Schaffung von Verkehrssicherheit: Der Gipfel des Zynismus

@mauerschauer 0

Ich zitiere beispielhaft und leicht gekürzt aus dem Checkpoint Newsletter des Berliner Tagesspiegel vom Dienstag (22.01). Ähnliche Aussagen lassen sich aber bei vielen Politikern immer wieder finden ((zuletzt hatte ja der Cheflobbyist der deutschen Automobilindustrie Scheuer (aka „Verkehrsminister“) kurze Grünphasen an Fußgängerampeln verteidigt und zur Lösung des Problems Senioren zu körperlicher Ertüchtigung geraten)).

Die BVV Tempelschön hat einen Antrag für Tempo 30 in der Wiesbadener Straße in Friedenau beschlossen, u.a. weil sich ringsum drei Schulen befinden und im Januar eine 14-Jährige auf einem Zebrastreifen über den Haufen gefahren worden war. Die FDP-Abgeordnete Dagmar Lipper war dagegen und forderte stattdessen mehr Verkehrserziehung für Kinder.

Als Begründung führte sie nach meiner Rückfrage per Email u.a. an, dass 47% aller Unfälle mit Fußgängern von diesen selbst verursacht würden (eine bessere Verkehrserziehung für die Autofahrer, die demnach ja die anderen 53% der Unfälle verursachen, forderte sie aber interessanterweise nicht).

Als Vater zweier schulpflichtiger Kinder muss ich solche Forderungen ohnehin  als zynisch und menschenverachtend zurückweisen. Hier werden die schwächsten Verkehrsteilnehmer nicht als schützenswerte, potentielle Opfer sondern als potentielle Verursacher von Unfällen denunziert. Eine infame Schuldumkehr!

Meine Tochter hat mit 10 Jahren – wie übrigens alle Berliner Schulkinder – ihr Verkehrstraining bei der Polizei absolviert und war mit kindlicher Ernsthaftigkeit bei der Sache. Sie hat stolz das Sicherheitstraining abgeschlossen und nimmt die Verhaltensregeln sehr ernst!!!

Ganz anders die sie umgebenden Auto- und Lkw-Fahrer die regelmäßig die rote Ampel unweit der Schule ignorieren, beim Rechtsabbiegen nicht schauen oder eben ohne Rücksicht die Schulzufahrt zuparken, um die eigenen Kinder sicher vor der Schule abzuwerfen… Und das ist das Ergebnis: In diesem gnaden- und rücksichtslosen Verkehr grenzt es ja schon an Leichtsinn, die Kinder alleine ein paar hundert Meter zur Schule laufen zu lassen. Ich kann die Eltern sogar verstehen, die ihre Kinder in dieser Stadt lieber jeden Morgen mit dem Auto bringen, ihre Rücksichtslosigkeit aber verstehe ich nicht.

Mit der wirtschaftsgetriebenen Politik der „freien Fahrt für freie Bürger“ wurde das heutige Klima der Rücksichtslosigkeit im motorisierten Straßenverkehr geschaffen, das im Ergebnis Situationen erzeugt, die auch mit der besten Verkehrserziehung für Viele (nicht nur Kinder) nicht mehr sicher zu bewältigen sind: angefangen vom rücksichtslosen Parken, über notorisches Rotlichtignorieren bis hin zum Weghupen von Kindern an der Ampel, wenn die nicht schnell genug über die Straße rennen.

Wer muss hier erzogen werden?
Impressionen einer „Spielstraße“ in Kreuzberg
Impressionen eines „Radwegs“ in Kreuzberg

Hier mal nur eine exemplarische von unzähligen Situationen, die ich täglich sehe, verbunden mit der Frage: Wie soll ich DAS einem Kind erklären? Und: Wie soll man sich denn hier noch „richtig“ verhalten? Wenn hier jemand vor dem Transporter auf die Straße tritt und angefahren wird, wer wird in der Statistik dann wohl als Verursacher geführt werden? Der Falschparker sicher nicht! Der Autofahrer auch nicht. Soviel zur Aussagekraft der Verursacher-Statistik.

Arschlochparker in Aktion
Hat da wieder ein spielendes Kind seinen Laster stehen lassen? Es wird wirklich Zeit für Verkehrserziehung der Kleinen!

Und so bleibt es an mir, meiner Tochter plausibel zu machen, dass sie sich zwar an die gelernten Regeln halten soll, sich aber um Gottes Willen nicht darauf verlassen darf, dass sich die erwachsenen Autofahrer auch an die Regeln halten. Das tun sie nämlich nicht, nicht im Geringsten.

Mehr Verkehrserziehung für Kinder zu fordern, was für eine verachtenswerte Bosheit! Erzieht doch bitte die Erwachsenen in ihrem übermotorisierten, nicht mehr zu überschauenden Blechungetümen und setzt die geltenden Regeln durch!

StvO § 1 Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

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